Corona, was sonst

Bin nicht im Home Office, nicht in Kurzarbeit. Bin wie immer 40 Stunden an meiner Arbeitsstelle plus zwei Stunden tägliche Fahrt. (Gott sei Dank mit elektrischem Rad und Bombenwetter. )
Aber, wie wir alle, in einer Blase. Irgendein Teil in mir ist verunsichert, die Welt ist plötzlich anders, irgendwie feindseliger… Ja? Wirklich?

Jeden Morgen suche ich den Punkt, an dem die Sonne genau zwischen den Brückenpfeilern aufgehängt ist. Eine Minute Stille.

Duisburg Meiderich

Dafür habe ich morgens keinen Blick, ich brauche meine Kraft noch für einen langen Tag. Einen Tag, an dem Menschen in einer Ausnahmesituation zeigen, wie sie wirklich sind. Mancher macht sich zum Törtchen, manch Humor darf sich entfalten, und alle sind anders, als man glaubte.

Zum Ausgleich fürs Gemüt: die zehnjährige Laurina beginnt ein Steine Spiel an der HOAG Trasse. Tagelang bleibt Laurinas Aufruf ungehört, doch plötzlich…. die Kartoffel und der Finger sind mein erklärter Favorit!

Nach 11 Stunden wieder Zuhause. In meiner Straße herrscht der Galgenhumor.


Heute vor einem Jahr quietsch fidel in einjähriger Auszeit. Stellt Euch bloß vor: eine Reise um die Welt, von Corona ausgebremst. Und das wäre die harmlose Variante. Lost in Irgendwo, weil es keinen Flug mehr gibt, man zu spät realisierte, es wird Zeit für den Heimweg. Gar in einem Land, welches in Krisen keinen Bock mehr hat auf Fremde, wer weiß, woher sie kommen? Strampelt man sich frei vom eigenen Kosmos, der als Mitteleuropäer, und da vor allem als deutscher Staatsbürger, über einen relativ gut aufgespannten Rettungsschirm verfügt, ergeben sich echte Alpträume. Man könnte Flüchtling sein im Camp Moria in diesen Zeiten. Auf der Straße lebende allein stehende Alte in Indien.

Weit davon entfernt, mich jetzt woanders hin zu wünschen, erlebe ich trotzdem wie alle eine verunsichernde unwirkliche Zeit. Für mein Gehirn sind fünf Wochen anders leben noch gar keine Einschränkung, eher eine Vorbereitung. Neue Gedanken, neue Möglichkeiten. Immer und schon wieder scheint alles beim Alten.

Was kommt alles zu kurz bei einem Vollzeitjob? Das Leben!

Manchmal besteht es aus der Zeit, sich mit Hingabe die Fussnägel schneiden zu können, nicht nebenbei. Nur weil es notwendig ist. Manchmal besteht das Leben aus der Zeit, Zeiten wie diese zu durch denken.

Ich lese in jedem Artikel, höre im jeder Radio die Frage: Ist Krise auch Chance? In welcher Welt wollen wir leben? Gibt es menschliche Modelle für eine globale Welt? Mag sein, dass sich dies wirklich alle fragen. Bekomme ich nix mit von. Um mich herum funkt nur eine Botschaft: die Welt soll bitte einfach so sein wie zuvor.

Eine großartige Frau. Ruhe Sie in Frieden.

Das Beitragsbild ist ganz zu Beginn der „neuen Zeit“ entstanden, in Bochum an der Jahrhunderthalle.


2 Gedanken zu „Corona, was sonst“

  1. Liebe Anke,
    ja wir durchwandern irgendwie alle, mehr oder weniger geschützt in unseren Blasen, diese turbulente Zeit. Wir jammern auf hohen Niveau und auch ich kreise häufig , um die Frage wann ich denn wohl endlich wieder ans Meer komme und schiebe die wirklichen Sorgen, Gedanken an Flüchtlingslager, Beatmungsmaschinen, einsame Alte und Kinder in Alkoholiker- Familien beiseite, um nicht verrückt zu werden. Um unser eigenes kleines Boot hier noch geschaukelt zu kriegen. Vielleicht wünschen sich die Menschen, deshalb die Welt zurück, wie sie vorher war. Weil es Sicherheit bedeutet. Ich will daran glauben, dass diese Krise positive Veränderungen nach sich zieht. Dass die Menschen bewusster werden, wieder mehr im hier und jetzt, dankbarer für das, was wirklich wichtig ist, weniger konsumorientiert. Dass ein Wertewandel stattfindet, der vielleicht sogar den Klimawandel, der gerade ins Hinterzimmer gerückt ist, aufhalten wird. Daran will ich glauben und die Sonne genießen, die so tröstlich und verlässlich scheint, in diesen Tagen, und Pläne schmieden, Träume haben, mich aufs Meer freuen und darauf, dass es irgendwann eine Zeit geben wird, in der wir uns alle wieder zur Begrüßung in den Arm nehmen können. Bleib gesund und tapfer! Bis bald!

  2. Wie immer bin ich fasziniert von deinem Beitrag. Die Leichtigkeiten mit der du Dinge zu erklären vermagst, lassen mich immer mit auf die Reise gehen….(auch wenn es nur bis „Duisburg“ist )

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