Die wichtigste Hafenstadt Chiles mit knapp 300.000 Einwohnern hat kunterbunte Persönlichkeit. Der historische Stadtkern ist seit 2003 Weltkulturerbe und hat doch nichts museales, sondern strotzt vor quirligem Leben.
Der ehemalige Knast ist heute ein ziemlich schickes Kulturzentrum. Den Hügel hoch werden die Häuser bunt, und die meisten sind ein Kunstwerk. Der Valparisoer teilt sein Heim gern mit Katz und Hund. Das Paradies Tal ist dreckig und heruntergekommen, und eine Ecke weiter eine abgefahrene, moderne, junge, entspannte und echt coole Stadt. Viel Kunst, viel Musik, viele Kneipen, kleine Märkte, belebte Plätze. Das Alles ist im Mix sehr sympathisch.
Die alten Standseilbahnen sind extrem steil und verbinden den Hügel mit der Meeresebene. Sieben von früher über 30 sind restauriert und fahren noch. Und werden eifrig genutzt.
Einziger Wermutstropfen im Paradies: Tags stinkt die Stadt nach Pisse. ‚Tschuldigung, das klingt nicht sehr gepflegt, aber so riecht es auch nicht, man muss es sagen, wie es ist. Abends breitet sich zum Trost der Duft nach Marihuana aus und überdeckt den Tagesgestank gnädig und völlig.
Es gibt ein Viertel, da warnt der Einheimische, man solle besser nicht dort lang, auch des Tags nicht. Und wir werden häufig angesprochen, das viel geklaut wird und wir aufpassen sollen. Auch der Chilene trägt seinen Rucksack vorn und umklammert die Handtasche.
Wir rasseln zufällig in das Valparaiso Cerro Abajo, organisiert von Red Bull. Es nimmt schon Raum ein in der Stadt und zählt zu den in der Welt bekannten Stadt Downhill Races, aber ein wenig weiter interessiert sich keiner, und man lauscht Straßenmusik und isst Eis. Rund um das Rennen macht jeder Einwohner sein Häuschen zum Verpflegungsspot für Empanadas (gefüllte Teigtaschen, die aussehen wie ein Riesenravioli), Kaltgetränke, Kuchen und Krempel.
La Sebastiána, der ehemalige Wohnsitz Pablo Nerudas‘, ist heute ein Museum. Geschmack hatte er, und das nötige Kleingeld dazu auch. Innerhalb des Hauses ist fotografieren untersagt, es darf nur die Aussicht geknipst werden. Zwei Mal konnte ich die Aufpasser austricksen, im wunderschönen Bad und im Salón.
Der Hammer sind auch hier die Graffitis, selbst der Müllwagen dient als Leinwand für ein Kunstwerk.
Die Tante Emma Läden gibt es noch an jeder Ecke, und die Toten haben vom Hügel runter Meerblick. Die Katze hat einen Floh unterm Arm.
Die Aufseher waren damals nicht allgegenwärtig und so konnte ich auch ein paar Fotos mitnehmen. Das Badezimmer habe ich auch. Das Karusselpferd aus Paris im Wohnzimmer finde ich auch jetzt noch spektakulär! Er hat mal gesagt, dass nicht er die Sachen sucht, sondern dass sie ihn finden.