Immer noch Medellin, nur den Stadtteil gewechselt. Es ist Samstag, 11 Uhr, und alle Cafés sind voll mit Grüppchen, auf deren Tisch ein Eiskübel steht, darin so viele kleine Bierflaschen, wie reinpassen.
Man geht also mit Freunden oder der Familie das Wochenende begrüßen.
Ein letztes Mal auf dieser Reise gehe ich zum Coiffeur. Sigifredo heißt er, und er freut sich so über die Kundin aus Alemania, dass er mir zuliebe eine Stunde später Feierabend macht. Er macht alles richtig und erzählt mir mehrfach, mein Gesicht sei Bombe für sehr kurze Haare, bevor er Gas gibt. Da verzeihe ich ihm gerne, WIE kurz es ist. Er erzählt mir, seine Oma hörte im Radio die Sage von Siegfried dem Drachentöter, und so sei er an den Namen gekommen. Wir unterhalten uns blendend, auch wenn ich nur die Hälfte verstehe. Oder deshalb, das weiß man nicht. Sigifredo hat’s drauf, ich fühle mich schön. Scheiß der Hund drauf, wächst ja wieder, und die Session ist es wert, Sigifredo liebt seine Kundinnen: Mercedes Cejas en El Barrio Laureles, circular 2 #70-14. Alles rund um die (weibliche) Schönheit: Maniküre, Pediküre, Haare schneiden, Haare zupfen, Haare färben…
Anschließend zur Schneiderei, die Waschmaschine hat mein Top gekillt. Gekauft auf Bali in Indonesien, repariert in Kolumbien. Medellin gilt als das Paris der Mode in Südamerika: Bali, Medellin, (und bald) Oberhausen. Das Ding ist ein Globetrotter.
In der Stadt ist Expo Artesánia, die jährliche Messe für Kunsthandwerk aus dem ganzen Land. Es gibt viel Schönes zu sehen, wie gut, dass mein Gepäck begrenzt ist, denn mein Budget ist es auch. Am Stand mit den schönsten Panamahüten werde ich geknipst und komme nächste Woche in die Zeitung, „die Ausländerin, glücklich über ihren Kauf“, so die Fotografin. Na denn. Alles ist aus Naturmaterialien hergestellt: Holz, Palmblätter, Baumwolle, Bambus, Leder. Nur die wunderschönen Möbel haben auch Metall, ich hätte sie gern auf meinem Balkon.
Mein erster Tag in Laureles. Hier lebt man, wenn man ein gutes kolumbianisches Auskommen hat oder von der Familie gesponserter Student ist. Trotzdem gibt es hier viele Müllsammler, Obdachlose, Schnüffler, Menschen mit schweren Verletzungen, die nicht ausreichend versorgt sind. Vielleicht, weil es hier relativ sicher ist und nicht auch noch zu all dem beschissenen Leben ein Überfall zu befürchten ist?
Widersprüchliche, berauschende, erschreckende Welt.
Die Möbel sehen super aus. Die hätte ich auch gerne auf dem Balkon. Du siehst aber auch gut aus mit dem Hut. Es ist schön, dass sich die Lage in Kolumbien verbessert hat, auch wenn noch so viel im Argen liegt. Das zarte Pflänzchen Tourismus macht Hoffnung .