Und wieder einmal: zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und alle sind sie da, selbst der Freistaat Bayern. Das Dirndl rennt die Queen fast über den Haufen. 50 Jahre Stonewall, das will gefeiert werden.
Razzia im Stonewall Inn. Endlich, endlich waren gleichgeschlechtliche Liebe und Bars, in denen man sich finden konnte, legal. Hier trafen sich alle Minderheiten, die bekämpft werden konnten: Afroamerikaner, Latinos, Lesben, Schwule, dritte und vierte Geschlechter und was es sonst noch gibt im menschlichen Kosmos, der die Welt so bunt gestaltet. Und alle machten dem damaligen besorgten Bürger (ja, den gab es echt schon immer, den Blöden) Angst, weil sie anders sind als man selbst. Die Polizei machte regelmäßig Razzia, daran war man längst gewöhnt als Gast. Aber 1969, in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni, da hatten sie die Nase voll und wehrten sich. Und das richtig. Der jahrelang gesammelte Frust entlud sich tagelang, und der Polizei passte kein Hut mehr. Das hat viel bewegt, und das wird gefeiert. Schon ein Jahr danach fand in New York die erste kleine Party statt mit 4000 Menschen. Heute, zum Jubiläum, fluten 3 Millionen Besucher die Stadt. Und ich darf auch da sein.
(Natürlich hat sich dann schon 1969 die ausgegrenzte Minderheit eine noch ausgegrenztere Minderheit gesucht, die sie ausgrenzen kann. Aber das führt hier zu weit…) Deutschland hat dann noch locker zehn Jahre gebraucht und schickt in den späten 70ern ein gutes Zehntel dieser 4000 am Christopher Street Day ins Rennen, immerhin. Und diese 450 Menschen hatten ein neues Lebensgefühl: kein Versteckspiel, keine Scham, man darf vielleicht einfach sein, wer man ist.
Der Christopher Street Day. Das Stonewall Inn war dort beheimatet, die Mittelstrecke der Parade. Und das Jubiläum holt die Worldpride in die Stadt. Wer das auch mal sehen möchte: 2021 in Kopenhagen.
Eine kleine Bemerkung am Rande. Wir sind mitten am Tag unterwegs. In Amerika ist Alkohol auf offener Straße verboten. Das tut der Stimmung ganz gut, keine Leichen am Wegesrand, keine Scherben, kein Müll.
Zur selben Zeit gab es auch in Mexiko-City eine Worldparade, allerdings etwas kleiner.